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MWST Senkung Gastronomie vs. Mindestlohnerhöhung

Maximilian Struppler 

Mehrwertsteuersenkung 2026, Mindestlohn

MWST Senkung Gastronomie vs. Mindestlohnerhöhung: Warum sich die Milchmädchenrechnung nicht ausgeht – und was das für Gastronom:innen bedeutet

Die Gastronomie steht wieder einmal am wirtschaftlichen Wendepunkt. Während viele Betriebe noch mit den Folgen der Inflation, gestiegenen Einkaufspreisen und Fachkräftemangel kämpfen, zeichnen sich zwei neue Entwicklungen ab, die 2026 die gesamte Branche verändern werden:

  • Der Mindestlohn steigt auf 13,90 Euro pro Stunde.

  • Die Mehrwertsteuer auf Speisen soll wieder auf 7 Prozent gesenkt werden.

Beides klingt zunächst nach Gegengewichten – höhere Löhne auf der einen Seite, steuerliche Entlastung auf der anderen. Doch wer genauer hinsieht, merkt schnell: Diese Rechnung geht nicht auf.

Milch als Maßstab – ein Beispiel aus dem Alltag

Ein Liter Biomilch kostet im Einkauf derzeit etwa 1,25 Euro. Durch die anstehende Erhöhung des Mindestlohns – nicht nur in der Gastronomie, sondern entlang der gesamten Lieferkette – dürfte dieser Preis um rund 20 Cent steigen. Das entspricht über 15 Prozent Mehrkosten – allein für ein Basisprodukt.

Doch Milch ist nur ein Beispiel. Auch Brot, Käse, Gemüse, Kaffee und Verpackungen werden durch steigende Löhne in Produktion, Logistik und Handel teurer. Und in der Gastronomie selbst? Dort schlagen die höheren Löhne direkt durch – besonders bei Betrieben mit hohem Personalanteil wie Cafés, Restaurants, Caterern und Kantinen.

Und was bringt die Senkung der Mehrwertsteuer?

Ab Januar 2026 soll die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder von 19 Prozent auf 7 Prozent sinken – ein Schritt, der von vielen begrüßt wird. Doch die Hoffnung, dass diese Entlastung die steigenden Lohnkosten ausgleicht, ist trügerisch. Denn:

  • Die Senkung betrifft nur den steuerlichen Anteil, nicht den operativen Aufwand.

  • Der Effekt ist abhängig vom Preisniveau – bei günstigen Speisen ist der absolute Entlastungsbetrag eher gering.

  • Viele Betriebe haben die aktuelle 19 % bereits in ihre Preisstruktur einkalkuliert. Eine spürbare Entlastung käme nicht automatisch bei den Unternehmer:innen an, sondern müsste bewusst genutzt und klug investiert werden – etwa zur Finanzierung der höheren Personalkosten.

Die stille Realität: Der Mindestlohn steigt weiter

Dass der Mindestlohn 2026 bei 13,90 Euro liegt, ist nur der nächste Schritt in einer klaren Entwicklung: Die Löhne werden weiter steigen. Die Politik macht keinen Hehl daraus – und die Erwartungen der Mitarbeitenden sind verständlich. Wer heute schon Schwierigkeiten hat, Personal zu finden, wird künftig ohne faire Bezahlung nicht konkurrenzfähig bleiben.

Was das für die Praxis heißt

1. Kalkulation neu denken:
Wer nur auf den Steuervorteil vertraut, verkennt den Druck auf Wareneinsatz und Lohnkosten. Jeder Deckungsbeitrag muss kritisch geprüft werden.

2. Preise anpassen – mit Strategie:
Eine kluge, schrittweise Preisanpassung ist besser als ein plötzlicher Sprung. Klare Kommunikation und hochwertige Produkte schaffen Akzeptanz.

3. Digitalisierung und Effizienz nutzen:
QR-Bestellungen, automatisierte Buchhaltung, reduzierte Öffnungszeiten – all das kann helfen, Personalkosten abzufedern.

4. Wert statt Rabatt betonen:
Erkläre deinen Gästen, warum Qualität, faire Löhne und nachhaltige Zutaten ihren Preis haben – und warum das nichts mit „teuer“ zu tun hat.


Fazit:
Die kommenden Monate sind entscheidend. Der Milchpreis zeigt nur symbolisch, was in der Gastronomie Realität wird: Die Löhne steigen – und sie werden weiter steigen. Die angekündigte Mehrwertsteuersenkung ist willkommen, aber kein Freifahrtschein. Wer überleben – oder besser: erfolgreich sein – will, braucht jetzt eine klare Preispolitik, ein geschärftes Angebotsprofil und ein tiefes Verständnis für die eigene Kostenstruktur.

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